Impuls zum 7. April 2024
Von Maria Buchwitz, Mitglied im pax christi-Bundesvorstand, Münster
„Glückselig sind, die nicht gesehen und doch geglaubt haben“
Lied: Meine Hoffnung und meine Freude GL Nr. 365
Lesung Apg.4, 32-35
Die Menge derer aber, die gläubig wurden, war ein Herz und eine Seele, und nicht einer sagte, dass etwas von seiner Habe sein eigen sei, sondern es war ihnen alles gemeinsam. Und mit großer Kraft legten die Apostel das Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesus ab, und große Gnade war auf ihnen allen. Denn es war auch keiner bedürftig unter ihnen, denn so viele Besitzer von Äckern oder Häusern waren, verkauften sie und brachten den Preis des Verkauften und legten ihn nieder zu den Füßen der Apostel; es wurde aber jedem zugeteilt, so wie einer Bedürfnis hatte.
Evangelium Joh. 20, 19-31
Als es nun Abend war an jenem Tag, dem ersten der Woche, und die Türen, wo die Jünger waren, aus Furcht vor den Juden verschlossen waren, kam Jesus und trat in die Mitte und spricht zu ihnen: Friede euch! Und als er dies gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Seite. Da freuten sich die Jünger, da sie den Herrn sahen. Jesus sprach nun wieder zu ihnen: Friede euch! Wie der Vater mich ausgesandt hat, sende ich auch euch. Und als er dies gesagt hatte, hauchte er sie an und spricht zu ihnen: Empfangt Heiligen Geist! Wenn ihr jemandem die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, wenn ihr sie jemandem behaltet, sind sie ihm behalten.
Thomas aber, einer von den Zwölfen, genannt Zwilling, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die anderen Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen das Mal der Nägel sehe und meine Finger in das Mal der Nägel lege und lege meine Hand in das Mal seiner Seite, so werde ich nicht glauben. Und nach acht Tagen waren seine Jünger wieder drinnen und Thomas bei ihnen. Da kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und trat in die Mitte und sprach: Friede euch! Dann spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus spricht zu ihm: Weil du mich gesehen hast, hast du geglaubt. Glückselig sind, die nicht gesehen und doch geglaubt haben!
Gedanken zum Evangelium und zur Lesung
Die Texte des heutigen Sonntages sagen mir spontan eines: Hab Vertrauen in das Leben, hab Vertrauen in die Menschen, dass in jedem etwas Gutes, etwas Göttliches ist und hab Vertrauen in die Kraft Gottes, der die Liebe ist!
In den 70 er Jahren hatte ich Freunde, die auf dem Land in einem kleinen Kotten lebten und deren Tür immer offenstand, egal ob die beiden zuhause waren oder nicht. Wenn wir nach einer Wanderung spontan zu Besuch kamen und niemanden antrafen, kochten wir uns einen Tee oder Kaffee und hinterließen einen Gruß. Heute wäre das unvorstellbar. Ich spüre ganz besonders in den letzten Jahren, dass sich die Menschen immer mehr voreinander schützen, voneinander abgrenzen - in der direkten Nachbarschaft ebenso wie im politischen Umfeld. Sicherheit um jeden Preis - unsere Nachbarn sind nicht die einzigen, die kürzlich eine neue Alarmanlage installiert haben. Niemand mehr würde seine Tür offenstehen lassen.
Auch die Jüngerinnen und Jünger in der Erzählung des Johannes haben die Türen verriegelt; sie trauern in Angst hinter verschlossenen Türen, nachdem Jesus sie verlassen hat. Verständlich ist ihre Angst allemal: Weil Jesus nach dem Gesetz zum Tode verurteilt wurde, liegt es nahe, dass diejenigen, die ihm nachfolgen, ebenso dieses Schicksal erleiden könnten. Der Weg heraus aus der Angst hinein in das Vertrauen, dass Jesus den Tod überwunden hat und bei ihnen bleibt, wie er es oft versprochen hat – s. Mt. 18,20, Mt. 28,20 – ist nicht einfach – es ist ein weiter Weg. Vielleicht berichtet der Evangelist Johannes in so vielen Varianten davon, wie der Auferstandene Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern erscheint, damit sie wirklich heraus aus ihrer Angst in das Vertrauen auf seine Gegenwart auch nach seinem Tod hineinwachsen können.
Besonders deutlich wird das bei der Erzählung um Thomas, der eine eigene, ganz hand-feste, sinnliche Erfahrung mit Jesus machen muss, um zum Vertrauen in das Leben auch nach Jesu Tod zu finden. Jesus fordert ihn auf, seinen Finger in seine Wunden zu legen. An den Wunden erkennt Thomas ihn, seinen Herrn und Gott. Ich denke hier daran, dass Jesus uns vorwiegend in den Verletzten, in den Schwachen - in den Verwundeten begegnet. Kann das ein Hinweis darauf sein, dass er auch uns immer wieder auffordert, den Finger in die Wunde der tagtäglichen Verletzung der Menschenwürde unzähliger Menschen zu legen, die durch Hunger, Elend, Gewalt und Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen und eines würdevollen Lebens beraubt sind; in die Wunde der Verletzung seines im Grunde so einfachen Liebesgebotes untereinander?
„Jedem wurde nach seinen Bedürfnissen zugeteilt“ lesen wir in der Apostelgeschichte. Heute wissen wir, dass unsere Erde 12 Milliarden Menschen ernähren könnte, wenn deren Reichtümer gerechter verteilt werden. Es ist der Skandal unserer Zeit, dass wir den großen Reichtum der uns von Gott geschenkten Erde immer mehr dazu benutzen, um Leben zu vernichten anstatt um Leben zu fördern. Wir kurbeln die todbringende Rüstungsindustrie an, wir diskutieren über immer mehr Munition, über Tornados und Taurus, anstatt all unsere Energie auf Diplomatie zu richten - darauf, mit ausnahmslos allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen und unsere Lebensgrundlagen gerecht zu verteilen.
Gerechte Außenbeziehungen, nachhaltige Nachbarschaft in der EU, Internationale, gemeinsame Sicherheitsarchitektur – das sind nicht umsonst die ersten drei von fünf Säulen des Szenarios „Sicherheit neu Denken“ aus dem Jahr 2018, welches die Überwindung der militärischen zu einer gewaltfreien Sicherung des Friedens zum Ziel hat. Diese Vision gilt es zu verlebendigen und nie aus den Augen zu verlieren – Gewaltfreiheit kann nicht mit Gewalt verwirklicht werden. Nur gemeinsam, als Mitglieder der einen Menschheitsfamilie, können wir aus dem todbringenden Kreislauf der Gewalt herausfinden.
Gebet
Du Gott des Lebens
Befreie uns aus jeder Angst und mach uns stark, um für alles zu kämpfen, was dem guten und menschenwürdigen Leben aller dient
Du Gott des Friedens
Zeige uns Wege heraus aus Zerstörung und Tod – hin zu deinem Frieden und zu Gerechtigkeit
Du Gott der Liebe
Stärke unser Vertrauen in die Menschen – lass uns dein Angesicht in allen Menschen sehen und lehre uns die Liebe zu allen – auch zu unseren „Feinden“.